Digitale Medienkunst am Oberrhein.
Konservierung – Restaurierung – Zukunftssicherung
 
Jussi Parikka

Maschinistische Konservierung und die Herausarbeitung des Bezugspunktes

Es scheint eine fundamentale Unstimmigkeit beim Versuch zu geben, „Konservierung" und „Dynamik" zusammenzubringen - wobei Dynamik eines der Charakteristika digitaler Medienumgebungen ist. Von einer ästhetischen Kategorie, die Aktualisierbarkeit betrifft, bis zum technischen Merkmal unserer Rechenmaschinen als „zeit-kritisch" und prozessuell ist die Dynamik im Zentrum technischer Medien ein fundamentales Problem für die Denkweise der Konservierung. Natürlich wurde die Kulturerbe- Branche darin geschult, mit „Zeit" in Form von Erosion und der Instandhaltung von Objekten umzugehen; solche Dinge jedoch, die grundsätzlich Prozesse sind, scheinen eine neue Problematik aufzuwerden. Daher ist es kein Wunder, dass wir dazu gezwungen sind, mehr über eine Konservierung durch Gebrauch nachzudenken - und Wiederbenutzung, Remix und Neuaneignung des kulturellen Erbes. Das kulturelle Erbe wird eine Form der Populärkultur. Dieser Vortrag konzentriert sich auf die Methodik der Medienarchäologie als ein Weg, die Frage der Digitalkunst-Konservierung anzusprechen, und in einem weiteren Rahmen darauf, was „Gedächtnis" in der digitalen Kultur bedeutet. Die Medienarchäologie selbst hat seit den 1990ern eine Nahebeziehung zu Kunstpraktiken und -institutionen, kann aber auch Hinweise darauf liefern, wie die soziotechnische Frage des Archivs und künstlerischer Methoden beim Basteln an der Archivwerdung des Digitalen überlegt werden muss. Ein Schlüsselbegriff ist dabei die „Medienspezifizität" als eine entscheidende Voraussetzung, um die Materialität der vorliegenden Medien zu verstehen. Neben dem Durchsprechen der medienarchäologischen Methode und ihrer Relevanz für die Digitalkunst-Konservierung zielt der Vortrag daher auch darauf ab, einige aktuelle Kunstprojekte zu thematisieren, die Medienarchäologie mit Computerforensik in Beziehung setzen und auf die Frage der Maschine als Archiv hinweisen.

 


Biografie

Jussi Parikka ist Dozent für Medien & Design an der Winchester School of Art (University of Southampton) und außerordentlicher Professor für Digital Culture Theory (Universität Turku/Finnland). Seine Arbeit widmet sich den Zwischenfällen und der dunklen Seiten der Netzwerkkultur (Digital Contagions, 2007 und The Spam Book, 2009), der Biopolitik der Medienkultur (Insect Media, 2010, und die Spezialausgabe von Fibreculture "Unnatural Ecologies", 2011, sowie das Onlinebuch Medianatures: Materiality of Information Technology and Electronic Waste) und Medienarchäologie (Media Archaeology, 2011, und das in Kürze erscheinende Buch What is Media Archaeology?, 2012).
Webseite and Blog: http://jussiparikka.net


 
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