Edmond Couchot |
Session I CULTURAL MEMORY IN THE DIGITAL AGE Edmond Couchot Professor emeritus Université de Paris VIII Historische Zeit und „uchronische“ Zeit. Gedächtnis und Vergessen anders denken Die digitalen Technologien (Computer, globale Kommunikationsnetzwerke, Multimedia, elektronische Spiele oder künstlerische Installationen) verändern nicht nur unsere Beziehung zur Welt und zum Anderen, sie bringen ebenfalls unsere Beziehung zur Zeit durcheinander und erschüttern die Grundlagen unserer Kultur. Wir finden uns zwischen zwei Zeitlichkeiten zerrissen. Die eine Zeitlichkeit ist der chronischen Zeit eigen, der langen Zeit der Geschichte, der Ereignisse, die von der Schrift, die das Gedächtnis und das Vergessen organisiert, aufgenommen und fixiert werden. Die andere Zeitlichkeit gehört den Maschinen und taucht uns in eine Zeit, die außerhalb der Zeit liegt, in eine virtuelle oder „uchronische“ Zeit, in der das Ereignis der Eventualität weicht. Was wird aus unserer Welt, wenn die Schrift, die bis jetzt die Permanenz der Geschichte garantiert hat sich dem Modell des Hypertexts anpasst und sich spaltet? Wann wird der rote Faden, den die Geschichte zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft spannt, unter dem Druck der „uchronischen“ Zeit abreißen? Müssen wir unsere Beziehung zur Zeit neuerfinden? Was sind die Folgen dieser Veränderung der Zeitlichkeit für die Konservierung digitaler Kunst und für die Kunst allgemein? Biografie Edmond Couchot ist „Docteur d’État“ und „Professor émérite des universités“. Er leitete während zwanzig Jahren das Aufbaustudium Bildkünste und –technologien an der Université Paris 8 und trägt weiter zur Forschung des Zentrums für Digitale Bilder und virtuelle Realität bei. Als Theoretiker interessiert er sich für die Beziehung zwischen Kunst und Technologie und hat zu diesem Thema etwa 100 Artikel und vier Bücher publiziert: Images. De l’optique au numérique, Hermès, 1988, La Technologie dans l’art, J. Chambon, 1998 und L’Art numérique, in Zusammenarbeit mit N. Hillaire, Flammarion, 2003, und Des images, du temps et des machines dans les arts et la communication, Chambon-Actes Sud, 2007. Dialogues sur l’art et la technologie. Autour d’Edmond Couchot, L’Harmattan, 2001, stellt eine Serie von Beiträgen über sein Werk vor. Ursprünglich bildender Künstler, schafft Edmond Couchot seit den sechziger Jahren interaktive kybernetische Installationen, die auf Klang reagieren und die Teilnahme des Betrachters erregen. |